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Eine Feier des Lebens. Bis in den Tod. Fotografien von Monika Schulz-Fieguth im Potsdam Museum

20. Juli 2016 Bilder und Skulpturen erzählen, Blick zurück„Lumen et Umbra“, Fotoausstellung, Hans-Jürgen Treder, Lukas Verlag, Monika Schulz Fieguth, Peter Herrmann, Potsdam Museum

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Das „Klosterbuch“, 2010. Die Seiten springen fast heraus.

Es ist bereits ein paar Wochen her, als ich die Porträtwelt Monika Schulz-Fieguths im Potsdam Museum durchquerte. Mit einem gebrochenen Knöchel an die Couch gefesselt, blättere ich jetzt noch einmal durch den Katalog ihrer Ausstellung und bin erneut zutiefst berührt. Vor allem ihre Fotografien über das Sterben sind von einer Kraft, die atemlos machen. Unaufgeregt und doch aufwühlend.

Wieder und wieder schaue ich in das Gesicht von Peter Herrmann, das mit Fortschreiten der Krankheit immer kantiger wird, doch die Wärme und Milde seines Blicks nicht mindert. Peter Herrmann bat Ende Januar 2009 Monika Schulz-Fieguth, ihn zu begleiten in seiner Krankheit. Natürlich hatte er die Hoffnung, zeigen zu können, wie er sie besiegt. Erst viel später geriet diese unerschütterliche Zuversicht ins Wanken. Doch die Fototermine wurden fortgesetzt, egal, wie er sich fühlte. Er wollte es so. Auch im Krankenhaus, als er gegen die Auswirkungen der Chemotherapie ankämpfte. Sie sprachen wenig über die Krankheit und fast nie über den Tod. Dafür über den Wert der Familie und über die Freundschaft. Und natürlich über die Kinder, über die beiden kleinen von Peter Herrmann und die zwei erwachsenen von Monika Schulz-Fieguth. Peter Herrmann starb im Oktober 2009 im Alter von 44 Jahren.

Gern erinnere ich mich an meine Begegnungen mit ihm: bei Ausstellungseröffnungen im Potsdam Museum, wo er die fotografische Sammlung aufbaute. Auch wenn wir uns auf der Straße trafen, gab es immer einen herzlichen Gruß, ein nettes Wort. Seine Krankheit klammerte er bei unseren Gesprächen nicht aus. Die Fotografien von Monika Schulz-Fieguth holen die Erinnerungen hoch und zeigen in einer einfühlsam gestalteten Ausstellung, wie Peter Herrmann in der Geborgenheit seiner Familie seine letzten Schritte ging. Die Fotografin war auch in diesem Moment dabei. Sie erinnert sich an den Augenblick des Todes, als sei er gestern gewesen: „Diese intime Stille war entrückt und ergreifend, aber sie hatte nichts Beängstigendes. So eine unglaubliche Geborgenheit habe ich nie zuvor erlebt.“

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Monika Schulz-Fieguth begleitete auch ihren Vater und Onkel, ließ sich ohne Wenn und Aber auf das oft tabuisierte Thema Sterben ein: auf eine Totenklage, die zugleich eine Feier des Lebens ist.

Die Retrospektive „Lumen et Umbra“ – Licht und Schatten – zeigt in rund 110 Bildern den weitgespannten Bogen ihrer Arbeit. Sie begleitete Menschen, die am Rollstuhl gefesselt sind und ihre Jugend doch wild und ausgelassen feiern. Sie beobachtete das geheimnisvoll anmutende und für Außenstehende so fremdartig wirkende Leben in einem Kloster. Und lässt die Blätter einer Bibel rascheln, als seien sie lebendig und der Heilige Geist schwebt daraus empor.

 

 

 

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Franziska Knuppe, 2014

Immer wieder richtet sich ihr Fokus auf das Porträt. Anfangs eingebettet in das soziale Umfeld, nach der politischen Wende immer reduzierter. Wir sehen in das makellos schöne Gesicht von Franziska Knuppe, einer Madonna gleich, und in das ausgemergelte hohlwangige des Geistesarbeiters und Einsiedlers Hans-Jürgen Treder. Nichts lenkt bei ihren „schwarzen Porträts“ mehr ab von der Landschaft des Gesichtes: von den Spuren des Lebens – in Falten gelegt. Monika Schulz-Fieguth stimmt ein Hohelied an auf alle Phasen des Werdens und Vergehens, auf die Blüte und das Welken. Bis in den Tod. Malerisch und sinnlich zugleich. (he)

Die Ausstellung „Lumen et Umbra“ ist bis zum 21. August im Potsdam Museum Am Alten Markt zu sehen. Der Begleitkatalog ist im Lukas Verlag erschienen (25 Euro).

Am 4. August um 18 Uhr läuft begleitend zur Ausstellung der 25-minütige Film: „Der Physiker. Ansichten zu Hans-Jürgen Treder“ von 1989 in der Regie von Peter Rocha.
Danach gibt es ein Gespräch zwischen dem Astrophysiker  Prof. Hans Oleak und Monika Schulz-Fieguth.

Weiteres unter www.potsdam-museum.de

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Artikel Harald Kretschmar

Arno Neumann

Sie sei ein Sonntagskind, gesteht Monika Schulz-Fieguth mit leisem Lächeln. Aber mit einem Schuss Melancholie, fügt sie hinzu. Denn sie wurde an einem Totensonntag geboren. Diese ungewöhnliche Konstellation hat in ihrer künstlerischen Arbeit, die als Fotografin ihr Leben ist, eine ganz eigene, unverwechselbare Form gefunden. Die Fotografie hat der 1949 in Potsdam Geborenen ihr Vater, der selbst in einem fototechnischen Beruf arbeitete, ans Herz gelegt. Nach einer fotografischen Ausbildung arbeitete sie im Modebereich und erhielt sehr bald eine Anstellung am Institut für Landtechnik. Hier fand sie Verständnis und Unterstützung für ihre Beschäftigung mit freier Fotografie. Freundschaften mit Künstlerinnen und Künstlern von Fotografen bis zu Malern regten in ihr den Wunsch, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig zu studieren. Als Diplomarbeit – veröffentlicht als Buch „Vögel wollen fliegen“ – entstand die Serie über Menschen und ihr Leben in einer Wohngemeinschaft mit körperlich Behinderten Ein dreiviertel Jahr lebte sie mit ihnen.
Schon in diesen Fotografien ist alles da, was die Charakteristik der Arbeit von Monika Schulz-Fieguth ausmacht: die behutsame, achtungsvolle Annäherung an den Menschen, die unbedingte Akzeptanz seiner Individualität, die Prägnanz der Bildkomposition und die für den Betrachter sichtbar fürsorgliche Liebe zu jenen, die sie in ihren Fotografien auf berührend stille Art éhrt. Ihre Bilder sind Freundschaftsbeweise. Die Menschen müssen ihr nahe sein, sie muss mit ihnen gelebt haben. Denn sie ist auf der Suche nach Lebensspuren, die auch im Äußeren Existenzielles ins Bild bringen.
Sie lehnt vehement ab, journalistische Fotografie zu betreiben. Schnappschüsse sind nicht ihre Sache. Doch sie verweigert sich nicht Situationen, die Sternstunden der Fotografie sind wie die Momentaufnahme des Freudentränen weinenden Willy Brandt 1990 am Tag der deutschen Einheit. Eine einzigartige, künstlerische wie menschliche Leistung sind ihre Aufnahmen von Sterbenden und Verstorbenen. „Ich habe die Menschen lieben gelernt“ – wie tief und wie aufrichtig zeigen gerade diese Aufnahmen, gegenwärtig zu sehen im Potsdamer Kunsthaus im Ulanenweg. Des Menschen Blühen und Vergehen in der selbstbewussten Würde des Alters offenbaren ihre Aktporträts.
Die als Fragmente und Torsi verbliebenen Schloßskulpturen im Depot gewinnen in ihren Aufnahmen barockes Leben, wobei Monika Schulz-Fieguth gerade hier fotografische Delikatessen in den Formstrukturen gelingen.
Im vergangenen Jahr erschien ihr nobles Buch mit Aufnahmen vom Heiligen See am neuen Garten in Potsdam. Hier hat sie sich ihren Wunsch erfüllt, auch einmal malen zu können. Sie hat ihre exzellenten Naturaufnahmen durch eine Bearbeitung in hochromantische Stimmung getaucht. In Schönheit sich verlierende Melancholie feiert Triumphe. Eine Grenze ist erreicht. Es bleibt der Mensch. Monika Schulz-Fieguth arbeitet intensiv an einer Folge von Aufnahmen über einen Künstler, der in Erfüllung seines Lebens und seines künstlerischen Auftrags Mönch geworden ist.